Rund 200 Teilnehmer*innen diskutierten am 18. Juni 2020 auf einem gemeinsamen Online-Workshop der BMBF-Förderinitiativen „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“, „Stadt-Land-Plus“, „Kommunen innovativ“ und „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft" über die Auswirkungen der Corona-Krise auf Städte und Regionen.
Institut Raum & Energie übernahm die Gesamtmoderation sowie die organisatorische und technische Durchführung der Veranstaltung als Online-Workshop. Zudem war Institut Raum & Energie für die Vorbereitung und Durchführung des Themenraum "Interkommunale Wohnraumpolitik - mit veränderten Daten und Bedarfen kooperativ umgehen" zuständig.
Im Ergebnis der Veranstaltung entstand ein gemeinsames Memorandum der Begleitprojekte der vier beteiligten BMBF-Förderinitiativen, das Sie in der rechten Spalte zum Download finden.
Hintergrund und Zielsetzung der Veranstaltung
Die aktuelle Corona-Krise verändert nicht nur unser aller Leben, sondern hat auch Auswirkungen auf die Entwicklung von Städten und Regionen. Ob es nun thematisch um Mobilität, öffentliche Räume oder auch die Arbeitsweisen von Verwaltungen geht, bereits jetzt ist spürbar, dass es ein einfaches und schnelles Zurück zum Zustand vor der Pandemie nicht geben wird.
Die Begleitprojekte der BMBF-Förderinitiativen „Umsetzung der Leitinitiative Zukunftsstadt“, „Stadt-Land-Plus“, „Kommunen innovativ“ und „Ressourceneffiziente Stadtquartiere für die Zukunft“ ergreifen daher gemeinsam die Initiative, um übergreifend mit den BMBF-geförderten Projekten mögliche Entwicklungstrends und Szenarien der Zeit nach Corona zu diskutieren. Es geht um die thematischen Handlungsfelder, die sich erkennbar verändern werden, und deren Wechselwirkungen in der Stadt- und Regionalentwicklung. Es geht um sich öffnende Gelegenheitsfenster, nachhaltige Transformationen anzustoßen. Und es geht zugleich um die Implikationen für künftige Forschungsbedarfe zur Zukunft von Städten und Regionen.
Das Ziel der Veranstaltung war daher ein Doppeltes: Zum einen sollte gemeinsam mit den Projekten der o.g. Förderinitiativen ausgelotet werden, welche Chancen die aktuelle Krise für die Transformation von Städten und Regionen in Richtung Nachhaltigkeit bietet. Zum anderen ging es um die angesichts der Corona-Krise neuen oder veränderten inhaltlichen Fragen, die für die Forschungsförderung des BMBF von Interesse sein könnten.
Themenraum "Interkommunale Wohnraumpolitik - mit veränderten Daten und Bedarfen kooperativ umgehen"
Wohnraumbedarfe reagieren sehr sensibel auf Veränderungen der ökonomischen Rahmenbedingungen und veränderte Wohnansprüche. Es muss erwartet werden, dass in einigen Regionen die Wachstumsprognosen geändert und teils deutlich nach unten korrigiert sowie auf veränderte Nutzungsansprüche (Homeoffice) angepasst werden müssen. Darauf müssen Regionen, Städte und Gemeinden mit einer Anpassung ihrer Wohnungsbaukonzepte und Infrastrukturen reagieren. Dies kann als Chance genutzt werden, bei geringerem Nachfragedruck Flächeninanspruchnahme und Infrastrukturfolgekosten zu begrenzen und die Innenentwicklung zu stärken. Dies könnte aber auch zur Folge haben, dass „Kirchturmdenken“ wiederbelebt wird und die Kommunen vor allem zunächst ihre individuelle Entwicklung im Blick haben. Dies wäre ein erheblicher Rückschlag für eine kooperative, nachhaltige Siedlungsentwicklung.
Der Themenraum setzte sich u.a. mit folgenden Fragen auseinander: Wie verändern sich quantitative und qualitative Bedarfe? Welche Chancen für Innovation und Nachhaltigkeit ergeben sich und wie können sie genutzt werden? Welche neuen Forschungsbedarfe lassen sich ableiten?
Björn Braunschweig von der Universität Jena stellte Ergebnisse einer Unternehmensbefragung zur Wirtschaftsentwicklung vor und beleuchtete damit die Basis der regionalen wohnbaulichen Entwicklung. Dr. Henger vom Institut der deutschen Wirtschaft stellte anschließend Implikationen dar, die sich aus der Krise für die Wohnungs- und Immobilienmärkte ergeben können. Prof. Kötter von der Universität Bonn ergänzte Einschätzungen zu Trends und Handlungsfeldern auf den Wohnungsmärkten.
Die Corona-Krise bzw. die damit verbundene Wirtschaftskrise werden nach Einschätzung der Inputgeber und der Teilnehmenden im Themenraum voraussichtlich relativ geringe Auswirkungen auf die quantitativen Bedarfe auf den Wohnungsmärkten haben. Grund dafür ist, dass derzeit ein Nachholbedarf in den Ballungsräumen vorhanden ist, während in periphereren Regionen auch vor der Krise teilweise bereits Überangebote vorhanden waren. Allerdings ist absehbar, dass sich qualitative Bedarfe verändern werden. Aber auch hier wirkt die Krise eher als Beschleuniger vorhandener Trends, als neue Trends zu setzen. So kann ein Schub in die Digitalisierung und Remote Working sowie eine zunehmende Bedeutung der Wohnkosten angesichts der tendenziell schlechteren finanziellen Situation der Haushalte eine Chance für dezentrale Konzentration bedeuten. Ein Hemmnis hierfür ist allerdings die nach wie vor zum Teil schlechte Ausstattung digitaler Infrastrukturen in manchen Regionen. Eine Förderung der Innenentwicklung in ländlichen Regionen kann in diesem Zuge eine Chance darstellen, attraktives Wohnen und Arbeiten zusammenzuführen. Insgesamt bleibt trotz Corona-Krise die Notwendigkeit einer interkommunalen Wohnraumpolitik bestehen, oder wird sogar verstärkt. Dabei gilt es, die neuen Entwicklungen zu analysieren und zu berücksichtigen.
Hieraus ergeben sich folgende Forschungsbedarfe:
- Um auf neue Entwicklungen reagieren zu können, müssen diese analysiert werden. Es gilt beispielsweise zu erforschen,
- ob vermehrt Wohnungen mit größerer Wohnfläche und mit veränderten Qualitäten auf dezentraleren Standorten nachgefragt werden und
- welche Qualitäten hinsichtlich baulich-räumlicher Aspekte wie Wohnformen- und -konzepte, Grundrisse und Lagen, aber auch hinsichtlich sozialer Aspekte wie nachbarschaftsfördernder Strukturen künftig vermehrt auf den Wohnungsmärkten nachgefragt werden
- Angesichts des trägen Wohnungs- bzw. Immobilienmarktes und der weiterhin notwendigen Bestandsfokussierung stellt sich die Frage, inwieweit Umbautätigkeiten im Bestand neue Bedarfe befriedigen können.